Soziales Engagement
Wie Regensburger Buddhisten traumatisierten Flüchtlingen helfen

22.10.2022 | Stand 15.09.2023, 3:11 Uhr
Martina Groh-Schad
Song Chon Stabnau, Gjomo Bop-U Stabnau, Stephanie Schwarz und Finja Gerlach vom a.a.a. und Gjomo Yun Dok (von rechts) freuen sich, dass mit der Spende eine Anlaufstelle für traumatisierte Flüchtlinge entsteht. −Foto: Groh-Schad

Gjomo Bop-U Stabnau erinnert sich noch gut an seine Gymnasialzeit. „Wir hatten einen Lehrer, der unter dem Pult verschwand, sobald eine Sirene ertönte“, erzählt er. Sein Vater war Pilot im Zweiten Weltkrieg und stürzte zwei Mal ab. Seine Mutter reagierte traumatisiert auf mehrere Ereignisse. „Meine Eltern haben unter den Erlebnissen im Krieg gelitten“, sagt er. Schon als Kind habe er begriffen, man hätte helfen können, wenn es Möglichkeiten gegeben hätte..

Geprägt durch diese Erfahrungen ist die Traumabewältigung zu einer Herzensangelegenheit für den führenden Priester der Won-Buddhistischen Gemeinde in Regensburg geworden. Als er erfuhr, dass der Arbeitskreis für ausländische Arbeitnehmer (a.a.a.) eine Anlaufstelle für traumatisierte Flüchtlinge einrichten möchte, die Finanzierung aber schwierig ist, überlegte er nicht lange: „Für mich war klar: Hier wollen wir unterstützen.“

Zuvor hatten bereits die Sozialen Initiativen (SI) für die Einrichtung der Stelle Vorschub geleistet und dem a.a.a. 25 000 Euro zur Verfügung gestellt. „Dass es eine solche Stelle in Regensburg braucht, wird schon mehrere Jahre in den Fachkreisen diskutiert“, sagt Reinhard Kellner, der Vorsitzende des Dachverbands. Das Geld konnte durch Spenden zusammengetragen werden. Hinzu kamen nun 5000 Euro der Won-Buddhisten, die das Geld von einer zur Glaubensgemeinschaft gehörenden Stiftung erhalten haben. Aufgestockt wurde der Betrag zusätzlich durch eine Kollekte, die bei einem Friedensgebet in Korea gesammelt wurde.

Beim a.a.a. hat nun die Psychologin Finja Gerlach ihre Arbeit aufgenommen. Innerhalb der nächsten zwei Jahre will sie ein Beratungsangebot für traumatisierte Flüchtlinge aufbauen und als erste Anlaufstelle zur Verfügung stehen. SuPortA nennt sich das Projekt, kurz für Soziale und psychologische Anlaufstelle für Geflüchtete. „Ich will Wissen vermitteln und Behandlungsmöglichkeiten vor Ort aufzeigen“, sagt sie.

Da die Wartezeiten für eine ambulante Therapie sehr lang sind, will sie zudem Krisenintervention leisten. „So gut es in diesem Rahmen geht“, schränkt sie ein. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Unterstützung von Kindern und Jugendlichen. „Wir wollen die Arbeit in den Gruppen und Sprachkurse in unserer Einrichtung sensibler hinsichtlich möglicher Traumata gestalten.“ Dazu will sie Schulungen anbieten und Informationsmaterial zur Verfügung stellen.

Eine besondere Herausforderung kann die Sprachbarriere darstellen. „Eine Therapeutin zu finden, die die gleiche Sprache spricht, ist sehr schwer“, erklärt Stephanie Schwarz, die beim a.a.a. die Schüler- und Familienhilfe leitet. Die Behandlung unter Einbezug eines Dolmetschers sei eine große Herausforderung, die nur mit geschulten Dolmetschern gelingen könne. Das Ziel einer offenen und demokratischen Gesellschaft sei, allen eine gerechte Chance auf Teilhabe zu gewähren, unabhängig von ihrer Herkunft, so Schwarz. Dazu zähle auch die Bereitstellung einer psychologischen Versorgung für Geflüchtete, die schwere Gewalt wie Folter oder andere Menschenrechtsverletzungen erlebt haben. Oft seien die Flüchtlinge auch in Deutschland diskriminierenden Aufnahmebedingungen ausgesetzt.

Vorbild für die entstehende Anlaufstelle in Regensburg ist das Projekt Refugio in München, wo bereits seit vielen Jahren Flüchtlinge eine Anlaufstelle finden. Das Angebot wird finanziell zur Hälfte von der Stadt getragen. Auch in Regensburg hoffen die Aktiven, dass sich innerhalb der nächsten Monate eine Lösung aufzeigt, wie die Anlaufstelle langfristig gesichert werden kann.