Sozialprojekt
Großer Andrang bei den „Barber Angels“

Friseure aus ganz Deutschland verpassten bedürftigen Menschen in Regensburg kostenlos einen Haarschnitt.

29.10.2017 | Stand 16.09.2023, 6:25 Uhr

Mit dem kostenlosen Haarschnitt gaben die Friseure den bedürftigen Kunden ein Stück ihrer Würde zurück. Foto: Steffen

Es gibt Engel mit Flügeln, gelbe Engel – und solche in schwarzer Kutte, wie die „Barber Angels“. Sie sehen wie Motorrad-Rocker aus, doch ist ihre Mission eine ganz andere. Wer „Barber Angel“ ist, der ist von Beruf aus Friseur und hat ein Herz für Menschen mit geringem Einkommen. Einmal im Monat verpasst jedes Mitglied der Bruderschaft bedürftigen Frauen und Männern einen kostenlosen Haarschnitt. Weltmeister, Deutsche Meister oder Süddeutsche Meister in ihrem Fach sind unter den Friseuren, die sich dem bundesweiten Projekt angeschlossen haben. Am Wochenende waren die Barber Angels erstmals nach Regensburg gereist, um in der Altstadt Menschen in Not glücklich zu machen. Am Sonntag zwischen 13 und 16 Uhr waren die 14 Friseure, die bei der Aktion im der Cocktailbar „Flannigans“ mitmachten, unermüdlich im Einsatz.

„Wir machen das auf unsere eigene Kosten. Auch die Anreise und die Übernachtungskosten zahlen wir selbst“, sagte Initiator und „Barber Angels“-Präsident Claus Niedermaier. An einem „kalten Novemberabend“ sei er auf die Projekt-Idee gekommen. „Damals habe ich gesehen, wie sich Obdachlose bei zwölf Grad minus durchschlagen müssen. Dann habe ich spontan zehn Freunde angerufen und den Club der ,Barber Angels‘ gegründet, um diesen Menschen zu helfen“, sagte er. Man wolle sie „ein Stück weit mehr in die Gesellschaft bringen“, argumentierte der Friseurmeister, der in seiner schwäbischen Heimat als „Figaro Claus“ bekannt ist.

Eindrücke von der Aktion zeigt unser Video:

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„Komme mir viel jünger vor“

Für viele Bedürftige, die den netten und freundlichen Service in Anspruch nahmen, war der neue Haarschnitt wie eine Verwandlung. „Super. Ganz toll. Ich komme mir jetzt 20 Jahre jünger vor“, sagte etwa die 59-jährige Regensburgerin Andrea Lang. Der Präsident persönlich hatte ihr einen schicken Haarschnitt verpasst und seine Kundin zu einem beliebten Motiv der Fotografen gemacht. Diese Augenblicke genoss Andrea Lang sichtlich und wünscht sich nun, dass sich die Aktion bald wiederholt.

Alfred Fertl (52) strahlte vor Glück. „Ich fühle mich wie bei meinen Brüdern und Schwestern. Mein ganzes Leben bin ich mit Rockern zusammen“ , sagte der Regensburger, dem auch das Outfit der Friseure Gefallen gefiel. Um seine Haare kümmerte sich „Barber Lady Tina“ aus Stuttgart. Da Fertl von ihren Künsten begeistert war, gab es für die Friseurin eine herzliche Umarmung. „Besser hättest du das gar nicht machen können“, lobte er.

Die „Barber Angels“ treten bei ihren Einsätzen bewusst in schwarzer Kutte auf – wegen des Wiedererkennungswerts, aber auch, weil sie teure Klamotten dann bewusst zu Hause lassen.

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80 Kunden am Sonntag

Die Kunden kamen auch in Regensburg in großer Zahl. An die 80 waren es am Sonntag. Das sei „ganz normal“, betonten die Friseure, die feststellen, dass die Armut in Deutschland immer weiter zunimmt – ob nun bei jungen Familien oder älteren Menschen.

Friseur Uwe Pichl aus Neutraubling hat das Projekt in die Domstadt geholt und will, dass sich die Aktion hier regelmäßig wiederholt.„Jetzt geht es darum, im Umkreis von 50 Kilometern genügend Friseure zu finden, die mitmachen“, sagte der Süddeutsche Meister. Vom Berufsschüler bis zum Meister dürfe jeder Friseur die Aktion unterstützen. Dem Flannigans dankte er dafür, kostenlos die Räume zur Verfügung gestellt zu haben. Der Veranstaltungsort mitten in der Altstadt habe zur großen Resonanz beigetragen.

Hintergründe zur Organisation der Barber Angels finden Sie ebenfalls in diesem Video:

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